Von welchen Einflussfaktoren sind Wundverschlussverfahren und -material abhängig?
Verletzungen entstehen auf unterschiedliche Arten und Weisen. Handelt es sich um oberflächliche Wunden, kommt der Körper meist sehr gut allein mit der Wundheilung zurecht. Mit zunehmender Schwere der Verletzungen wachsen jedoch die Anforderungen an die Wundbehandlung. Denn bei unzureichender Intervention können Narben entstehen, die kosmetisch nicht schön anzusehen und mitunter sehr schmerzhaft sind.
Mithilfe chirurgischer Eingriffe und der geeigneten Wundverschlusstechnik können diese jedoch minimal gehalten werden!
Bevor ein Wundverschluss erfolgen kann, muss zunächst die Blutung der Wunde gestillt werden. Für verhältnismäßig kleine Wunden werden Pflaster verwendet. Handelt es sich um größere Wunden, finden spezielle Wundverbände Anwendung.
Bedarf der Wundverschluss chirurgischer Unterstützung, können je nach Wundverschlussverfahren unterschiedliche Materialien zur Wundversorgung zum Einsatz kommen. Die Auswahl des adäquaten Wundverschlussverfahrens und -materials ist dabei von mehreren Faktoren abhängig. So spielen bei der Determinierung die Handhabung beim Verbandswechsel, die Tiefe, Lokalisation und biomechanischen Eigenschaften der Wunde, die Wechselwirkungen zwischen Gewebe und Wundverschlussmaterial sowie die Kosten eine Rolle.
Welche Anforderungen werden an die Wundverschlussmaterialien gestellt?
Um den Anforderungen der Einflussfaktoren gerecht zu werden, erfüllen Wundverschlussmaterialien verschiedene Eigenschaften:
Die Materialien …
… begünstigen nicht die Entstehung von Infektionen
… sind möglicherweise gering traumatisierend
… garantieren sicheren Sitz und gute Adaption
… sind leicht und schnell zu handhaben
… quetschen nicht die Wundränder
… haben keine Nebenwirkungen
… sind steril oder sterilisierbar
… sind sehr breit anwendbar
… stören nicht die Heilung
… sind gut sichtbar
Information
Allerdings werden von keinem Material alle Anforderungen gleichzeitig erfüllt, sodass je nach Sachverhalt die Vor- und Nachteile abgewägt werden müssen.
Welche Wundverschlussverfahren gibt es und was für Materialien werden dabei verwendet?
Insgesamt lassen sich vier Wundverschlussverfahren unterscheiden: Das Nähen, das Klammern, das Kleben mit Wundnahtstreifen sowie das Kleben mit Wund- und Gewebeklebern.
Wundverschluss mit chirurgischem Nahtmaterial
Die klassische Form des Wundverschlusses ist das Vernähen der Wundränder mit Hilfe einer chirurgischen Nadel und einem speziellen Faden.
Das Verfahren findet vor allem bei tiefen, großen und klaffenden Wunden Anwendung. In der Praxis ist dieses Wundverschlussverfahren universell anwendbar. Das bewährte Verfahren ermöglicht eine schnelle und komplikationslose Wundheilung und vereinigt das Gewebe spannungsfrei. So wird die Wundheilung gefördert und der Körper bei der Vernarbung verwundeter Körperberieche unterstützt.
Für das finale Ergebnis der Stichnaht sind die Art und Stärke des Materials sowie die Nahttechnik entscheidend.
Klassisches Nahtmaterial setzt sich aus einer Nadel-Faden-Kombination zusammen.
Dabei unterscheidet man monofile und multi- oder polyfile Fäden.
Diese Fäden haben verschiedene Eigenschaften.
Sie müssen entweder nach dem Heilungsprozess wieder entfernt werden oder sie lösen sich im Verlauf der Wundheilung selbstständig auf.
Fäden, die nach dem Heilungsprozess wieder entfernt werden müssen, nennt man nicht-resorbierbare Fäden.
Nicht-resorbierbare Fäden können u. a. aus Seide, Nylon, Polypropylene oder Polyester bestehen. Der Vorteil von nicht-resorbierbaren Fäden ist die gute Verträglichkeit des Körpers. Allerdings ist postoperativ eine weitere Maßnahme – die Nahtentfernung – notwendig.
Je nach Anwendungsfall und Krankheitsbild können unterschiedliche Fadenstärken gewählt werden. Nicht-resorbierbares Nahtmaterial wird in Bereichen wie Allgemeinchirurgie, plastische Chirurgie, MKG- und zahnärztliche Chirurgie,
Gynäkologie und Geburtshilfe verwendet. Hierfür sind kräftige Fadenstärken notwendig. Im Bereichen wie Neurochirurgie, mikrovaskuläre Chirurgie und Ophthalmologie nehmen die verwendeten Fadenstärken ab und die Nadel-Fäden-Kombinationen werden deutlich feiner.
Fäden, die über die Zeit im Gewebe abgebaut werden, nennt man resorbierbare Fäden.
Resorbierbare Fäden bestehen u. a. aus Polyglycolsäure (z.B. PGA) und sind ideal für Allgemeinen Wundverschluss, Adaption von Weichgewebe, Mucosanähte in der MKG, Schnell heilende Wunden. In den seltensten Fällen können dabei Reaktionen auftreten.
Seinen Einsatz findet resorbierbares Nahtmaterial bei Verletzungen im tiefen Gewebe wie Faszien oder der Muskulatur.
Je nach Material kann die Absorbierungsdauer 30-210 Tage in Anspruch nehmen.
Wundverschluss mit dem Hautklammergerät
Alternativ zum Wundverschluss mit chirurgischem Nahtmaterial können Wunden geklammert werden.
Beim Klammern werden vor allem lange, oberflächliche Verletzungen wie Schnitt- oder Bisswunden behandelt.
Diese Methode wird aufgrund der deutlich sichtbaren Klammern häufig bei Verletzungen verwendet, die sich nicht im Sichtbereich des Körpers befinden und bei denen keinerlei kosmetische Ansprüche bestehen. Auch sich im Körperinneren befindende Wunden werden mit dem Verfahren behandelt.
Dieses Wundverschlussverfahren ist durch seine zeitsparende Behandlungsweise sehr beliebt.
In der Praxis findet es aufgrund der einfachen Handhabung und schnellen Wundheilung häufig Anwendung.
Zudem sind minimale histologische Reaktionen, das Ausbleiben von Kreuzreaktionen sowie das schmerzfreie Entfernen der Klammern weitere Vorteile dieser Methode.
Das Klammergerät funktioniert ähnlich wie ein Tacker.
Dabei werden die Wundränder zunächst mithilfe von Pinzetten ein wenig angehoben und anschließend durch die Betätigung des Klammergeräts von Klammern festgehalten und verschlossen.
In der Praxis unterscheidet man zwischen sterilen Hautklammergeräten zum Ein- und Mehrfachgebrauch.
Die Hautklammergeräte werden dabei mit passenden Hautklammer-Magazinen ausgestattet.
Diese medizinischen Klammern lassen sich in ihrer Form und Präzision bei der Verformung im Gewebe unterscheiden.
Die am häufigsten verwendete Klammer ist die U-Klammer. Diese sitzt sehr sicher, hinterlässt jedoch ein starkes Trauma bei der Gewebedurchdringung.
Anders verhält es sich bei der D-Klammer. Die D-Klammer hat keinen festen Sitz im Gewebe, wodurch sich die Wundränder verschieben können. Im Gegensatz zur U-Klammer entstehen bei der Eindringung in das Gewebe nur geringe Traumata.
Die B-Klammer hingegen sitzt analog zur U-Klammer fest im Gewebe. Sie hinterlässt aufgrund der abgerundeten Klammerschenkel jedoch nur sehr geringe Traumata.
Medizinische Hautklammern bestehen in der Regel aus korrosionsfreiem Stahl. Stahl wird als reaktionsarmes Material nur bedingt als Fremdkörper wahrgenommen und verursacht keine Abstoßreaktionen.
Bei sich im Körperinneren befindende Wunden werden in der Praxis häufig korrosionsbeständiges Metall oder resorbierbare Klammern verwendet.
Beim Entfernen von Klammern an oberflächlichen Wunden wird auf sterile Hautklammerentferner zum Ein- und Mehrfachgebrauch zurückgegriffen.
Die speziellen Hautklammerentferner erfassen die Klammern in der Mitte und biegen diese um, wodurch eine einfache und schmerzfreie Entfernung gewährleistet wird. Im Anschluss werden die Wundränder mit Wundnahtstreifen versorgt.
Wundverschluss mit Wundnahtstreifen
Wundnahtstreifen stellen eine weitere alternative Wundverschlussmethode dar.
Sie werden in erster Linie bei kleineren, oberflächlichen Wunden verwendet. Sie können aber auch zur Entlastung von Zugkräften bei größeren Wunden zur Anwendung kommen.
Die Behandlung erfolgt durch das lockere An- oder Aufeinanderlegen der Wundränder und deren anschließende Fixierung mithilfe der Nahtstreifen. Auf diese Weise wird ein sicherer und hygienischer Wundverschluss ermöglicht, der in den meisten Fällen schmerzfrei verläuft.
Die Wundnahtstreifen weisen eine Haltbarkeitsdauer von ungefähr 2 Wochen auf und können im Anschluss einfach wieder entfernt werden. Zudem sind sie wasserresistent und stellen somit keine weiteren Einschränkungen für die Patient*innen dar.
Wundverschluss mit Wund- und Gewebekleber
Chirurgen können neben der Behandlung mittels Nahtmaterial, Hautklammergerät oder Wundnahtstreifen auch auf Wund- und Gewebekleber zurückgreifen.
Dieses alternative Wundverschlussverfahren wird vor allem für die Behandlung von Kindern gewählt.
Es schützt Stellen, an denen Hautläsionen wie Nävi, Warzen oder Leberflecken entfernt wurden.
Zudem kann der Kleber an bereits genähten Stellen für zusätzliche Stabilität sowie weiteren Infektionsschutz sorgen.
Hauptsächlich lassen sich mit Wund- und Gewebekleber frische Schnitt-, Platz- und Operationswunden in mechanisch gering beanspruchten Körperregionen verschließen.
Diese Wunden kennzeichnen sich durch ihre glatten Wundränder und ihre oberflächliche, in der Mundhöhle auftretende oder im äußeren Genitalbereich verortete Lokalisation.
Bei der Versorgung der Wunde werden zunächst die Hautränder zu einem möglichst schmalen Strich zusammengedrückt. Anschließend wird der Wundkleber in einer dünnen Schicht aufgetragen. Innerhalb kürzester Zeit verhärtet der Kleber und schließt die Wunde. Bei Bedarf können weitere Schichten immer großflächiger auf die Wunde aufgetragen werden.
Damit der Wundkleber seine Wirkung entfalten und gut haften kann, muss die Wunde vorher getrocknet, gereinigt und sterilisiert worden sein.
Die Vorteile der Wundverschlussmethode sind unter anderem deren schmerzfreie Applikation, Multifunktionalität sowie die Möglichkeit ohne Narkose zu behandeln.
Der gute Infektionsschutz durch antibakterielle Substanzen fördert die Wundheilung. In der Regel löst sich dabei der Kleber innerhalb von fünf bis zehn Tagen wieder.
Nachdem die Wunde abgeheilt ist, ist kein zusätzlicher chirurgischer Eingriff mehr notwendig. Dadurch entsteht für die Patient*innen kein zusätzliches Trauma und es bilden sich keine zusätzlichen Narben.